Wir kennen die Alte Nationalgalerie schon lange und hatten nun einmal die Gelegenheit, die Neue Nationalgalerie – von Mies van der Rohe 1967 gebaut – besuchen zu dürfen. Wir waren bei Freunden in Berlin angekommen, hatten einen Imbiss und ein kaltes Getränk zu uns genommen, saßen auf dem sommerlich warmen Balkon und planten den Abend.
Kurz vor 22 Uhr ging es zur Neuen Nationalgalerie, einem leeren kahlen Bau unweit des Sony-Centers. Durch die großen Fenster gab es große weiße Leinwände zu sehen, vor den verschlossenen Türen standen viele Menschen.
Pünktlich um 22 Uhr öffneten sich die Tore und das Publikum verteilte sich im Raum. Immer mehr Menschen kamen, es war eine kühle und gleichzeitig entspannte Atmosphäre und wir nahmen auf den herumliegenden Sitzkissen Platz.
Wir besuchten die Dia-Performance „More Sky/ Die Sonne kommt näher” des Künstlers Otto Piene. Dieser hatte in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts über 1.100 Dias verfremdet und mit abstrakten Mustern versehen, die an biologische Präparate, Zellen oder Schnitte durch Gestein erinnern. Diese Dias wurden früher mit sogenannten Diakarussels, heute mit elektronischen Beamern, auf die Leinwände und eine große Kugel geworfen. Der ursprünglich weiße und leere Raum füllte sich in immer schnellerer Folge mit abstrakter Farbenpracht rings um uns herum; wandhoch wirkten grelle Farbtöne in rot, gelb, blau auf uns und fesselten die Blicke. Dazu gab es eine eindringliche Klanginstallation mit kurzen englischen Schlagworten wie “the sun – the sun – the sun”.
Es herrschte eine eigentümliche Atmosphäre: Die lauten Sprachfetzen erlaubten kein normales Gespräch, viele ältere und junge Menschen kamen und gingen, liefen auf und ab, fotografierten und filmten und unterhielten sich trotzdem. Der Eintritt war frei und alles machte den Eindruck eines lockeren, aber trotzdem eindringlichen Sommer-Happenings. Es werden sicherlich ein paar hundert Menschen gewesen sein, die sich diese erste Vorführung angesehen haben.
All das dauerte nicht lange – vielleicht 15 oder 20 Minuten – und hat uns mit seiner Farbenkraft und Intensität beeindruckt. Daneben haben aber auch die sonst so nüchternen und oft ungeliebten 60er Jahre eine für uns neue Ästhetik entfaltet. Seine Europapremire hatte diese expermientelle Lichtperformance im September 1967 (also im selben Jahr wie die Neue Nationalgalerie gebaut wurde).
Die Vorführungen werden bis 3 Uhr nachts wiederholt, mehr Informationen unter
http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/alte-nationalgalerie/home.html
http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/neue-nationalgalerie/home.html
http://www.berlin.de/ausstellungen/3441010-2739799-otto-piene-more-sky.html
Wir kommen gerne nach Berlin, die Stadt hat immer etwas zu bieten!
Hans Jacobs