(c) Deutscher Brauer-Bund
Wer eine historische Brauerei anschauen möchte, wird in Bayern fündig: von den 28 bei WIKIPEDIA in Deutschland gelisteten Brauereimuseen befindet sich die Hälfte in Bayern. Dort befindet sich auch knapp die Hälfte der bundesweit 1.388 Brauereien und dort wird nahezu jedes vierte deutsche Bier gebraut. Im Berliner Umland gibt es nur das Brauereimuseum im Rathaus Fürstenwalde. In Berlin –Anfang des 20.Jahrhunderts weltweit größter Bierproduzent – gibt es kein Brauereimuseum, das über die große Berliner Biergeschichte informiert. Im Deutschen Technikmuseum kann man sich als kleinen Ersatz die Brauereiabteilung anschauen. Dort wurde in einem ehemaligen Lagerhaus der Nürnberger Tucher Bräu AG im Museumspark die aus der Aktienbrauerei Friedrichshöhe vorm. Patzenhofer in der Landsberger Alle stammende, voll funktionsfähige Versuchsbrauerei von 1909, die bis 1990 genutzt wurde, integriert. Das kleine Brauereimuseum in der ehemaligen Berliner Bürgerbräu am Müggelseedamm 164 bietet ebenfalls Führungen auf Anfrage an.
Deutsches Bier ist im Sinne des Reinheitsgebots von 1516 nach wie vor ein Naturprodukt. Das Grundprinzip des Brauens hat sich nicht verändert, auch nicht beim Brauen der sog. „Craftbiere“, über die in einer weiteren Folge berichtet wird. Deutsche Brauer dürfen im Unterschied zu ausländischen Brauereien keine Enzyme, keine künstlichen Aromen und Süßungsmittel und keine Konservierungsstoffe verwenden, um nur vier Beispiele zu nennen. Im Kern bleibt das Brauen auf die Verwendung der vier natürlichen Zutaten Wasser, Hopfen, Malz und Hefe beschränkt.

* siehe unten
Wofür stehen nun die Zutaten beim Brauen? Hopfen und Malz-Gott erhalt´s: Malz ist wesentlich für den Geschmack des später gebrauten Bieres zuständig und liefert aus seiner Stärke den vergärbaren Malzzucker (beim Maischen). Malz wird in einem aufwendigen Prozess (Mälzung) aus gekeimter und getrockneter Gerste oder Weizen gewonnen, Hopfen gibt Geschmack und Haltbarkeit. Mehr Hopfen bedeutet längere Lagerfähigkeit (Lagerbier) und herb-bitteren Geschmack. Die Wahl des Brauwassers entscheidet über den Mineralien- und Salzgehalt des Biers. Die Hefe sorgt für den Gärprozess, durch den der Zucker in der „Würze“ in Alkohol vergoren wird. Durch die Wahl der Hefesorte wird festgelegt, ob es sich um ein ober- oder untergäriges Bier handeln soll.
Auf diesen entscheidenden Unterschied wird im nächsten Beitrag zur Berliner Biergeschichte genauer eingegangen. Und nun ganz kurz zusammengefasst der Brauprozess: Malz, als veredelte Braugerste bzw. Weizengerste (danach „Gerstensaft“ oder Weißbier!) wird direkt in der Brauerei in der Schrotmühle gemahlen und anschließend im Maischbottich mit Wasser zur sogenannten Maische vermischt und erhitzt. Die natürlichen Enzyme der Malzkörner setzen die wasserunlösliche Stärke des Getreides in löslichen Malzzucker um. Während dieser Phase des Brauprozesses gehen die für das Brauen wichtigen Stoffe des Malzes in den Sud über. Der sogenannte Läuterbottich ist die nächste Station, wo die festen Bestandteile der Maische von der Flüssigkeit getrennt werden. Übrig bleibt der Treber, der sich vor allem den Hüllen der Getreidekörner des Malzes zusammensetzt, sowie die Würze, in der alle löslichen Stoffe des Malzkornes enthalten sind und die in die Würze- oder Sudpfanne abfließt. Der verbleibende Treber dient zum Beispiel als nährstoffreiches natürliches Tierfutter. In der Sudpfanne wird der flüssigen Würze der Hopfen (als Hopfenpellets oder Extrakt) zugegeben und gekocht. Nach dem Kochvorgang in der Sudpfanne werden Trübstoffe aus der Lösung entfernt und die Würze wird heruntergekühlt, bevor die Hefe hinzugegeben werden kann. Mit der Gärung im Gärtank -hier ist die Temperatur entscheiden, bei der die Hefe ihre Wirkung entfaltet und von der sich die Bezeichnung „ober-oder untergärig“ ableitet- beginnt die Umwandlung der Zucker durch die Hefe in Alkohol und Kohlensäure, die dem fertigen Bier seine Spritzigkeit verleiht. Hat die Hefe den Umwandlungsprozess abgeschlossen, wird sie entfernt („abgezogen“) und das junge Bier wird in den Lagertank gepumpt, um dort zu reifen. Je nach Biersorte und „Philosophie“ der Brauerei kann die Lagerzeit bis zu drei Monate dauern. Dadurch wird das spätere Aromaprofil abgerundet und die Kohlensäure perfekt eingebunden. Die noch im Bier enthaltenen Trübstoffe sinken während der Lagerung ab. Dadurch erhält das Bier ein klares Aussehen, das bei vielen Biersorten auch erwartet wird (z.B. Pils). Nach der Lagerung wird deshalb in einem weiteren Schritt das Bier filtriert und so von den letzten Trübstoffen befreit. Dann folgt schlussendlich die Abfüllung in Flaschen, Dosen oder Fässer.
Wer eine moderne Großbrauerei im laufenden Betrieb besichtigen will, ist bei der Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei GmbH in Weißensee in der Indira-Gandhi-Str. 66-69 richtig. Dort finden regelmäßig Führungen und Verkostungen statt – www.berliner-kindl.de/Brauerei/Brauereifuehrung
Dabei sollten Sie nicht vergessen, was schon Eugen Roth (1895-1976) dichtete: „Auf Pille nicht noch Salbe hoff‘, wer täglich dreizehn Halbe soff.“ Der im Bier enthaltene Alkohol wirkt bekannterweise dosisabhängig bei chronischer Aufnahme leberschädigend und kanzerogen.
Na, dann Prost – meint mw
* Der Brauerstern (ein Hexagramm) ist das Zunftzeichen der Brauer (besonders in Süddeutschland) und soll die am Brauen beteiligten Elemente Feuer, Wasser und Luft und die Zutaten Wasser, Malz und Hopfen versinnbildlichen.
Am Ende der kleinen Serie bin ich wohl ein respektabler (Laien) Experte des Bierbrauens. Und kann den Wikipedia-Autoren Konkurrenz machen (natürlich unter Angabe der Quelle!).
Aber ist es das, was ich mir von dem Blog erwartet habe? Ich bin nicht sicher.
A.L.
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Danke für den kritischen Kommentar. Es ist aber zu bedenken, dass ohne bestimmte minimale Kenntnisse zum
Brauprozeß (z.B. ober- und untergärig) der Leser nicht verstehen wird, warum ab 1870 so viele Brauereien auf dem Windmühlenberg (vulgo Prenzlauer Berg) und dem Kreuzberg gegründet wurden und warum die Berliner Weißbierbrauer Pleite gingen. Und warum dann 15 Jahre später wieder alles
anders war. Der Blog will keinesfalls mit WIKIPEDIA in Konkurrenz treten, aber dem Leser diese umfangreiche (!) Lektüre ersparen und kurzweilig über vielfältige Aspekte wie Bier-Museen, Berliner Architektur,aktuelle Entwicklung der Stadtlandschaft und kleine Anekdoten am Rande berichten – aus Anlass des 500jährigen Jubiläums.
Ihr mw
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