Eine sehenswerte Ausstellung über DEFA-Filme und Künstler
Der hässliche Kasten der ehemaligen Fachhochschule am Alten Markt in Potsdam, direkt gegenüber dem Potsdamer Stadtschloss, ist seit September 2016 Sitz des Brandenburgischen Zentrums für Medienwissenschaften (ZeM). Dort wird noch bis zum 17. Februar eine sehr interessante, eine für mit DEFA- Filmen aufgewachsenen Menschen regelrecht beglückende Ausstellung gezeigt: Zum 85. Geburtstag einer wenig in der Öffentlichkeit bekannten, aber unglaublich produktiven Standfotografin der DEFA – Waltraut Pathenheimer.
Sie war die erste Frau, die seit 1954 im DEFA-Studio für Spielfilme als Standfotografin tätig war. Standfotografen liefern für die Filmproduktionen aussagekräftige Bilder, die für die Werbung benötigt werden. Die Bilder müssen sofort „sitzen“, da durch die eng getakteten Drehplanabläufe meist keine Zeit zum Nachstellen der Szene bleibt. Auch muss der Fotograf möglichst unsichtbar bleiben, um den Ablauf nicht zu stören und nicht „ins Bild“ zu geraten. Oftmals stört bei zu großer Nähe das Geräusch des Objektivverschlusses. All das beherrschte Waltraut Pathenheimer perfekt.
Zwischen 1954 und 1990 hat sie am Set von 73 DEFA-Kinofilmen und sieben Fernsehfilmen fotografiert. Ihre eindrucksvollen Fotos mit hoher Bildästhetik verbinden sich im historischen Gedächtnis mit Manfred Krug, Armin Mueller-Stahl, Annekathrin Bürger, Rolf Römer, Jutta Hoffmann und vielen anderen Schauspielern. Waltraut Pathenheimer hat eine eigene, außergewöhnliche Bildsprache und Dramaturgie entwickelt und manche ihrer Fotos wurden zum visuellen Kulturgut, zu Ikonen der DEFA-Geschichte.

A.L.Kiss, D.Chill und die Präsidentin der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Prof. Susanne Stürmer bei Ausstellungseröffnung
Die vom Kameramann Dieter Chill zusammen mit der Medienwissenschaftlerin Anna Luise Kiss initiierte und kuratierte außergewöhnliche Ausstellung ist ein Querschnitt durch Pathenheimer’s Lebenswerk und durch 45 Jahre DEFA-Filmgeschichte. Die 180 Schwarz-Weiß-Standfotos (das war bei der DEFA Produktions-und Distributionsstandard, sie werden hier als digitalisierte Abzüge gezeigt) wurden von den Kuratoren nach Sichtung von tausenden Fotos ausgewählt. Sie werden in der Ausstellung nicht nach Filmen oder dem Jahr ihrer Entstehung geordnet, sondern nach Themen wie Städte, Kontraste, Klassenfeindschaft und Kalter Krieg, Tanzen, Märchenwelten, Widerstand und Opposition, Arbeit, Küsse, Musik, Krieg, Landschaften, Paare, Bewegung, Abenteuer und Aktion. Standfotos aus vielen bekannten Filmen wie „Bürgschaft für ein Jahr“, „Die Abenteuer des Werner Holt“, „Nackt unter Wölfen“, „Die Spur des Falken“ und „Bis der Tod euch scheidet“ werden gezeigt. Aber auch Standfotografien aus damals verbotenen Filmen wie „Jahrgang ’45“ von Jürgen Böttcher oder „Das Kaninchen bin ich“ von Kurt Maetzig finden sich hier.
Für den vom Herausgeberduo hervorragend gestalteten und informativen Katalog (Pathenheimer: Filmfotografin; erschienen im Christoph Links Verlag, 20 €) hat Armin Mueller-Stahl das Geleitwort geschrieben. Der Eintritt zur Ausstellung ist übrigens frei.
Es lohnt sich unbedingt, den Weg zum Alten Markt nach Potsdam zu nehmen und die Ausstellung zu besuchen.
meint mw
PS: Bis zum Herbst dieses Jahres soll die Fachhochschule abgerissen werden. Wohn- und Geschäftshäuser werden hier entstehen. Gegenüber wurde am 21. Januar 2017 Hasso Plattners Kunsthalle im Palais Barberini eröffnet.