In Sicht: 100 Jahre Groß-Berlin
Unter diesem Motto stand eine Tagung des Deutschen Werkbundes in Vorbereitung des 100-jährigen Jubiläums der Bildung der Einheitsgemeinde (Groß-)Berlin am 15. und 16. März im Ludwig Erhard Haus in der Fasanenstraße. Der Blick führte nicht nur zurück zum Gründungsbeschluss von Groß-Berlins am 27. April 1920 durch die Preußische Landesversammlung, sondern auch in die Zukunftsplanung für eine lebenswerte, polyzentrische Stadt.
Wie im Diskussionsbeitrag eines Bloggers zum Bericht über das „Doppelte Berlin“ angemerkt, wird die im April vom Bundestag verabschiedete Novelle des Baurechts neue Perspektiven für ein räumlich dichtes Miteinander von Gewerbe und Wohnen, von Arbeits- und Lebensräumen eröffnen. Die „Nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege“, die Berlin ja einmal war, wird wieder belebt. Stadtbaudirektoren aus Wien, London, Potsdam und Berlin City Ost und City West berichteten ihre Erfahrungen mit neuen Stadtstrukturen.

Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz
Durch die Gründung Groß-Berlins entstand die Metropole Berlin, so wie wir sie heute kennen und lieben. Daran konnten auch die Germania-Planungen in der NS-Zeit und die Trennung der Stadt nichts ändern, wenn auch die Schwergewichte Zentrum Ost/Alexanderplatz und Zentrum West/Breitscheidplatz vom alten Zentrum Unter den Linden wegführten. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber unsere Besucher, die das erste Mal oder selten nach Berlin kommen, sind jedes Mal verwirrt, dass es kein eindeutig identifizierbares Berliner Zentrum gibt. Die Stadt wird meist als undurchschaubar wahrgenommen und eine gewisse Orientierungslosigkeit ist die Folge. Wenn Zeit ist, hilft ein Blick vom Fernsehturm für die grobe Orientierung in das alte Berlin und die eingemeindeten Vorstädte. Der Zusammenschluss von 1920 hatte ja eine Vielzahl von großen und kleinen lokalen Zentren mit schönen Plätzen, Rathäusern, Parks der Stadt Berlin zugeschlagen und diese lokalen Zentren geben mir immer das Gefühl in einer kleinen Stadt, meinem Kiez, zu wohnen. Also eine Großstadt, die aus vielen Kleinstädten besteht.
Noch einige interessante Details zu anstehenden Jubiläum. Die Beschlussfassung am 27.April 1920 zur Einheitsgemeinde Groß-Berlin 1920 erfolgte recht knapp. Die Gegner waren die nationalen, Parteien und das Zentrum, während SPD und USPD dafür waren. In den Vorkriegsjahren hatten die Landgemeinden alle Versuche der Großstadtbildung sabotiert, da sie die Dominanz Berlins fürchteten. So ähnlich wie bei der Abstimmung über eine Länderfusion Berlin-Brandenburg.

Rathaus Schmargendorf, ab 1920 gehörte auch Schmargendorf zu Groß-Berlin
Mit dem Inkrafttreten des Beschlusses am 1.Oktober 1920 betrug die Stadtfläche 878 km² (vorher 66 km²), die in20 fortlaufend nummerierte Bezirke aufgeteilt war. Die Bevölkerung wuchs von 1,9 auf fast 3,9 Millionen. Groß-Berlin war damit flächenmäßig die zweitgrößten Stadt der Welt (nach Los Angeles) und von der Einwohnerzahl – hinter London und New York –die drittgrößte Stadt der Erde.
2030 soll Berlin wieder so viel Einwohner haben wie 1920, ist aber dann Im Vergleich zu anderen Großstädten wie Mexiko-City, London oder New York (9 Mio.) und Kairo (11 Mio.) eher eine kleinere Großstadt.
Bis zum Jubiläum werden noch einige sicher sehr interessante Veranstaltungen (zum Beispiel der Hermann-Henselmann-Stiftung) sich mit der Zukunft der Stadt Berlin, der Wohnungssituation, der Infrastruktur und dem Verkehr beschäftigen. Berlinab50 will versuchen, Sie rechtzeitig zu informieren!
mw